Slamsonite - Die Slams of the night!
Von Zeit zu Zeit stell ich hier mal die Texte rein, mit denen ich mich durch die Slam-Poetry wettkämpfe. Hier können dann die Slammaster schon mal reinschauen und sehen, was auf sie zukommt.
Schicksal ohne Ende
Oder: Neulich im DesAstroTV
Nicht etwa dass da
Sternbilder gedeutet werden. Dafür
müsste man ja zumindest
rudimentär Ahnung haben von
den ganzen Sternbildern und Konstellationen, und dann sagen die sicher auch noch Sternenkonstellationen obwohl in Konstellation ja die stellas, also die Sterne schon drin sind und das klingt
sofort wie Semmelbrötchen doppelt
gemoppelt
- oder wie Bildungsfernsehen, wo ja das Wort bildungsfern auch schon drin steckt ...
Nein, all das erspart man sich auf AstroTV; es werden Karten gelegt, und zwar keine Sternenkarten. Tarot bei denen, die bei der Verarsche wenigstens noch auf eine gewisse Dekoration Wert legen; die ganz Abgefeimten nehmen ganz normale Spielkarten, die sie dreimal mitgewaschen haben und mit denen sie so tun, als wurden sie schon von der Urgroßmutter zur magischen Voraussage benutzt.
Da sitzen sie dann die Damen und Herren des flunkernden Gewerbes und sagen im Fernsehen aus Versehen so schön verknarztes Zeug wie:
Ich bin ein
hellsichtiges Medium, dass auch privat arbeitet,
ich war aber auch jahrelang im medizinisch-esoterischen Bereich tätig
als so eine Art psychotherapeutische Heilpraktikerin.
Möchtest Du ein Lichtgeschenk aus der geistigen Welt dazu haben?
Ich freu mich auch, wenn hier mal Männer mitmachen und ein Stück Spiritualität zulassen.
Das geht
hier über den
Zufallsgenerator, der für Gerechtigkeit
sorgt,
aber in der geistigen Welt gibt es natürlich keine
Zufälle,
weil ich durch die Energie Deiner Stimme Zugang durch die geistige Welt zur mentalen Kraft bekomme,
was ohne dein Zutun auch passiert.
Ich zieh dir jetzt
einfach mal ne Aurafarbe, interessant dass ich dazu die 8,
also die Karmaschleife gezogen haben, also Schicksal ohne Ende.
Und zuletzt noch dieser Satz, der sich wie ein schlecht geschminkter, durchgeknallter Mops auf Speed in den Stummelschwanz beißt:
Und danke, dass ich ehrlich sein durfte!
Unterstützt werden die wichtigen Worte durch erläuternde Einblendungen wie zum Beispiel:
Doreen spricht Klartext - Blitz-Klarheit: Ihre Frage - Schnelle Klarheit.
Und das stimmt sogar vielleicht, wenn Doreen nicht jedes wichtige Wort ihrer Voraussage noch mal mit zwei, drei alternativen Vielleichts versehen würde. Hochzeit, also vielleicht feste Verbindung, also vielleicht ohne Papiere, eher so was innerlich festes, vielleicht auch eine Fernbeziehung, vielleicht mit jemandem, den du schon kennst, aber vielleicht auch jemand, den du vielleicht in den nächsten Monaten kennenlernst.
Nach solchen
Sätzen sagt sie dann
etwas, das vielleicht als Erklärung gelten
soll:
Ich fühle da ganz ganz viel
und das sind so Emotionen aus dem Bauch heraus,
wo man vielleicht nicht immer gleich die richtigen Worte findet. Klar, was du jetzt hast ist Kopfkino.
Denken Denken Denken und das versaut dir den ganzen Tag.
Passend zu ihrem schulmädchenhaften Gekicher wechselt die Regie jetzt die Einblendung von:
"Doreen - schnell, präzise, direkt!" zu: "Doreen spricht ausführlich Klartext!".
Und das nimmt Doreen liebend gern auf, denn sie fabuliert lieber ausführlich und atemlos und mit vielen Vielleichts verziert, denn auch für sie gilt:
Denken Denken Denken – das versaut ihr den ganzen Tag!
Auch schön: Eine leicht zerzauselte, also wie eigentlich alle bei AstroTV auftretenden Wundermittler wenig an ihrer äußeren Erscheinung interessierte Frau, die sich saublöd Candela nennt, liest die Aura der Anrufer aus einer - Tadaa! - Kerzenflamme.
Dazu
hält sie die Hand immer
so schützend vor die
Candela, dass ihr keiner abgucken kann, wie sie das macht. Nein eigentlich, damit die anderen Zuschauer nicht in die persönliche Aura der
Anruferin gucken können, denn
schließlich ist die Aura
eines Menschen ja Privatsache
–
und
vielleicht sogar das einzige, was nicht durch die NSA ausspioniert werden kann.
Lindas Chakrenausgleich wiederum basiert auf schlecht gemischten Tarotkarten, die sie auf acht farbige, achteckige Plastikuntersetzer legt, die schwer nach Geschäftsaufgabe im Pfenniglädche aussehen.
Man sieht hier ganz schön, dass die Wurzel allen Übels in der Kindheit liegt.
Was Linda allerdings in früher Jugend so an üblen Wurzeln erlebt hat, dass sie jetzt nicht anders kann, als sich selbst durch das Herumwedeln mit einem Kristallstab aus dem Lilifee-Zauberkasten ihrer fünfjährigen Tochter zu demütigen, das wird beim Wunderteleshopping nicht verraten.
Stattdessen verkündet auch sie:
Die Anruferauswahl erfolgt über einen Zufallsgenerator.
Und auch in ihrem
Fall besteht der Zufallsgenerator in einer ernsthaften Geistesstörung der
Anrufer.
Das gilt besonders für Lindas
Königsdisziplin:
Rundumblick, der intensive Blick in Ihr Leben.
Darunter wird eingeblendet : Linda - exzellente Trefferquote.
Und das stimmt! So
gut wie jeder Anrufer, der bei ihr durchgestellt wird,
wurde vom Zufallsgenerator ausgewählt. So wie auch
Lindas Antworten.
Die stammen nämlich aus dem Zufallsgenerator zwischen ihren Ohren.
Zum Glück hat Linda aber auch noch ihre Glückszahlkarten dabei.
Um die zu demonstrieren zieht sie die 14:
Die gilt jetzt mal direkt für den nächsten Anrufer! beschließt sie,
und vermittelt damit unterschwellig und nicht zum ersten Mal so etwas wie völlige Willkür.
Dann sagt sie
noch:
Liebe Zuschauer, sie wissen ja, dass es nicht jeder in die Sendung schaffen kann,
man braucht auch ein bisschen Glück
dazu.
Linda immerhin hat es bis in die Sendung geschafft, und wenn man sieht, wie ihr jedes mal das Gesicht entgleitet, wenn der Anrufer aufgelegt hat, dann weiß man sofort, dass Linda kein Glück gebraucht hat, um in die Sendung zu kommen.
Als nächstes sagt sie: Wir machen jetzt anonym weiter!
Und das kann nur eins bedeuten: Jetzt will sie schon selbst nicht mehr Linda heißen, nicht mehr erkannt werden, so hart grenzt ihre Telefonberatung an bandenmäßigen Unfug. Ein Verdacht, der sich am besten durch erhöhte Geschwindigkeit zerstreuen lässt:
Ich find das so toll, wie hier die geistige Welt die Nachrichten für Euch nur so runterschießt. Wir machen weiter in der Blitzrunde mit ganz viel Liebe!
Statt Liebe erscheint dann aber ein auf eine alberne Art ernst dreinblickender Kurschattenimitator namens Stephan G. Schulz, der seine Wasserflasche hintern einem Buddha aus Gips versteckt. Seine gesamte Vorbereitung auf die Sendung besteht offensichtlich darin, den Wodka in die kleine Plastikflasche umzufüllen.
Seine Methode: er
spürt unsere
feinstoffliche Energie.
Ein Trick, den er wohl als Staubsaugeraufsatzverkäufer auf
Wochenmärkten
geübt haben muss,
als es noch um Feinstaub ging.
Sie
müssen den Fernsehton
ausschalten, sonst kann ich Sie nicht beraten!
nuschelt er einem offenbar schwerhörigen Anrufer
entgegen und
empfiehlt ihn daraufhin fachmännisch einen baldigen
Besuch beim Augenarzt.
Bei mehr als jeder
zweiten Anruferin entdeckt Stephan G. Schulz in den Karten
versäumte
Unterleibsarztbesuche und ermahnt zur zügigen Besorgung des
Muschi-TÜVs.
Daher wohl sein zweiter Vorname G-Punkt.
Immerhin gibt er zwischendrin den gut gemeinten Rat,
„man solle nicht öfter wählen, als man es sich finanziell leisten könne.“
Ein guter Tipp, den man auch als Staatsbürger in jeder beliebigen Demokratie beherzigen kann.
Hilli hat einen anderen Trick. Sie hat Visionen.
Und dabei setzt sie auf verwirrende Geschwindigkeit,
wenn sie in Sekundenbruchteilen die Geister irgendwelcher Verstorbener channelt:
Eine Frage, eine
Antwort, keine Diskussion.
Denn Geister und Schutzengel diskutieren nicht gerne über die Zukunft, sie
geben Bescheid.
Und das indem sie Hillis Mund auf- und zuklappen lassen.
Ja, Kartenlegen
funktioniert.
Dazu tippt sie mit dem Finger auf einen Herzbuben und orakelt der Telefonkandidatin:
Sie werden zu Weihnachten nicht mehr alleine sein!
Was dann folgte, gehört auf immer zu den Kleinoden des Call-In-Teeaus.
Durch den
Telefonverstärker sirrt dann
dieser eine, unendlich melancholische Satz der Anruferin,
der schöner und
deprimierender nicht sein könnte:
Ich bin in einer Ehe!
Ein wunderbar anonymisierender Satz: Ich bin in einer Ehe!
Irgendeine. Ich bin da so reingeraten.
Und so wie sie es
sagt, klingt es auch mehr wie eine Ortsbeschreibung – nicht wie ein
Zustand.
Ich bin in einer
Ehe!
In. Mittendrin. Ich stecke fest.
Die Ehe als zwischenmenschlicher Treibsandkasten.
Ich bin in einer Ehe!
Und die Hilli? Wie hat die reagiert? Mit Mitgefühl?
Nein. Sie zeigt sich professionell um die eigene Autorität besorgt.
Sie legt ein ernstes Gesicht auf, was ungefähr so aussieht, als wenn Frau Merkel versucht zu lächeln.
Dann bekräftigt sie ihr Orakel mit der Feststellung:
Ja, man kann ja auch in einer Ehe alleine sein, nicht wahr,
aber wie gesagt, zu Weihnachten ändert sich das dann.
Punkt.
Pünktlich zum Fest der Liebe:
Einen, der mich will und kann
Den wünsch ich mir vom Weihnachtsmann!
Ich bin in einer Ehe! Im Alleinsein gefangen
Von trauriger
Schönheit, wie der
Betrunkene, der immer um die Litfaßsäule
rumläuft
und fortwährend seufzt:
„Ach,
eingemauert!“
Apropos: Eingemauert in einen anthrazit schimmernden 90er Jahre Diskoanzug samt silbergrauem Glitzerhemd neppt sich ein gewisser Malkiel durch die Telefonleitungen.
Energietacheles und Blockadenlösung sind sein eingeblendetes Geschäft.
Sein aus dem Anzug quellendes Stummfilmgesicht spricht lieber von Schattenbeseitigung.
Das ist nur
konsequent, denn es ist schon nach wenigen Minuten des Fuchtelns mit einem Kristallkegel über den aufgedeckten
Karten ist klar, dass Malkiel selbst einen gehörigen Schatten
hat;
leider einen, der sich auch durch den größten Energietacheles
nicht beseitigen lässt.
Seine Masche gilt unter seinen Kollegen allerdings als der absolute Top-Knüller, weil er es schafft, die Anrufer quatschen zu lassen, anstatt sich selbst etwas aus den Fingern zu saugen. Während er sich von den Anrufern mit ihrem Leid belämmern lässt, schmiert er in seiner Eigenschaft als Medium eines höheren Bewusstseins mit einem abwischbaren Edding ein paar Kringel, Striche und Punkte auf eine grüne Glasscheibe und behauptet dann steif und fest:
Das ist Ihr persönliches Schutzzeichen!
Mit einer waghalsigen Erklärung, was dieses dahingekringelte Schutzzeichen nun alles für den armen Anrufer können könnte, überbrückt er die Zeit, die er seinen Opfern gewährt, um das in die Kamera gehaltene Schutzzeichen mit einem möglichst ebenfalls abwischbaren Edding auf der Mattscheibe des Fernsehers abzuzeichnen.
Von dort kann man es
dann auf Zettel übertragen, die
sorgsam gefaltet
im Portemonnaie für frisches
Geld,
im Kühlschrank
für frisches Obst
und
in der Unterhose für frische
Schwellungen sorgen.
Man kann es sich
natürlich auch direkt auf
den Schwanz tätowieren lassen
oder nutzt es als Dekor auf dem eigenen Grabstein, damit es wenigstens nach dem Tod noch wirkt.
Und wenn es nach dem Tod nicht klappt, bleibt einem ja immer noch Juliana,
die ja Engel channelt und so Sachen sagt wie:
Guten Tag, hier spricht Juliana. Meine Stimme ist nicht hörbar.
Jetzt also die magische engelhafte Privatbotschaft.
Nur Sie hören die mystischen Worte ihres Engels.
Letztendlich ist das auch genau die Arbeit, die ich zuhause mache.
Das ist eine absolute Intensivbehandlung.
Am besten jetzt den Fernseher ganz ausmachen.
Absolut magischer Moment.
Schicksal ohne
Ende.
Darunter ein Laufband mit Minimalpixelschrift:
Unsere kompetenten
Berater sitzen jetzt für Sie am
Telefon.
Auch wenn Sie nicht in die Sendung verbunden werden, ist der Anruf kostenpflichtig!
Am besten jetzt den Fernseher ganz ausmachen!
Absolut magischer Moment!
Nach dem Slam in Lorsch im wunderbaren Sapperlot Theater hat mich ein freundlicher Gast nach dem kleinen bösartigen Text gefragt, der übrigens vollständig der Fantasie entsprungen ist. Hier ist er. Viel Spaß beim lesen ;-)
VORSPIEL
MORGENGRUSS
Sie drehte sich plötzlich um und schrie
„Ich bin doch nur deine Scheiß-Fantasie
Mein wahres Wesen interessiert Dich doch kaum!“
Vom Lärm wach ich auf – So’n Glück, nur ein Traum!
ABSCHIED - KOMMA - EIN GRÜNDLICHER!
Wie gut, dass du nicht mehr da bist!
Da muss ich nicht mehr hören, wie der Mond aufgeht
Mit diesem gelblich fiependen Geräusch
Denn das macht er nur in deiner Nähe
Sonst nie!
Wie gut, dass Du nicht mehr da bist!
Manche Menschen hinterlassen ein Vakuum
Mit dir ist es anders
Du bist weg und plötzlich ist da diese fette, warme, herzliche Stille
Nicht mehr zerhackt vom Geklacker deiner Absätze
Nicht mehr vergiftet von dieser blöden Big Brother Stimme
Nicht mehr fortgeschwemmt von einem Tratsch-Tsunami:
Ein vor sich hin blubbernder Brei aus Grundwortschatz und
kurzen spitzen Schreien der Eskalation
Plappern gehört zum Mundwerk!
Verfluchte Flatrate!
Wie gut, dass Du nicht mehr da bist!
Du bist nur eine Maschine, die literweise Kaffee in Geschwätz verwandelt
Deine Ohren und dein Mund, ...
dein ganzer Kopf ist wie ein Kuhmagen
Runterschlucken, hochwürgen, wiederkäuen
Hie und da einen warmen Fladen Scheiße fallenlassen
- Gut Dung will Weile haben! -
bis endlich, endlich ein Thema zu Ende verdaut ist - Glaubt man
Und dann ruft die nächste Freundin an und alles geht wieder von vorne los
Weil ihr zu doof seid,
um mit Euren smart phones ne Konferenzschaltung zu machen
Oder zu falsch
Weil die eine nicht hören darf, was du der anderen über sie sagst.
Das ist das Gift deiner Freundschaft
Wie gut, dass Du nicht mehr da bist
Ich genieße den Frieden der verbliebenen Gegenstände
Kein gusseiserner Topf ist mehr zu schwer für Dich
Kein Toaster zu blöd
Kein Scheißhocker viel zu unbequem
Es gibt keine blinde Wut gegen mehr das Amorphe
Die Dinge dürfen wieder einfach nur Dinge sein
- grad so leicht, so schlau, so bequem wie man sie sein lässt!
Dein neuer Typ hat deine letzten Kisten abgeholt.
Darin viele von meinen Sachen, die nun Dir gehören
Und das ist gut so - Ich will das Zeugs nicht mehr haben, denn ...
Du hast es angefasst!
Das Katzenklo hat er stehen lassen
Und unsere alte Waschmaschine, denn er hat eine viel tollere
- mit Elektronik und so; soll er mir ausrichten
Dann zog er so ein Gesicht;
Mit einer Spur von Spott - wegen der flüchtigen Möbel
Mit einer abschätzigen Überlegenheit, weil er dich jetzt hat
Und auch mit deutlich spürbarer Verunsicherung
- wegen meines seligen Lächelns
Ich gab ihm nen Zehner Trinkgeld und entließ ihn in sein Verderben.
Wie gut, dass Du nicht mehr da bist
Wieviel Platz auf einmal im Bad ist - ohne all die nach künstlichem Pfirsich müffelnden Frankenstein-Tinkturen, mit denen Du jeden Morgen aus den Resten deines Körpers wieder eine Art Mensch machen willst.
Du hast nur nie geblickt, dass es dafür auch einen Stromschlag braucht
Wie oft hatte ich den Fön in der Hand, als Du unter der Dusche standst
Den feinen Film aus Haarspray und Haarverlust
hab ich mit ner Rasierklinge von den Kacheln abgezogen
und in deinen Zahnputzbecher entsorgt.
Und seit es nicht mehr nach deinem Apfelschampoo riecht,
sind auch die Fruchtfliegen verschwunden.
Und doch: Es ist ein seltsames Gefühl
Eine Emulsion aus Zweifel, Unglauben und leichtem Ekel
Hab ich Dich tatsächlich mal geliebt?
Hab ich Dich tatsächlich vor meinen Freunden verteidigt?
Als Du gesagt hast: Putin ist gut für Russland!
Weil dumme Völker starke Führer brauchen!
Oder dass man den Moslems die Ausübung der Scharia gestatten soll,
wenn es doch nun mal Teil ihres Glaubens ist!
Ein Viertel Jahrtausend Aufklärung mit einem Satz ins Klo gespült
Und Du wunderst dich noch, dass ich möglichst nicht mit Dir spreche
Aber merk Dir das mal:
Man ist nicht dumm, wenn man nichts zu sagen hat.
Man ist dumm, wenn man dann trotzdem was sagt!
Woran ich mich erinnern kann:
du warst immer kunstvoll eingepackt!
Außen Feng Shui, und innen pfui
Ein schmaler Grat zwischen Liebreiz und Brechreiz!
Wie eine mit Aas und Maden gefüllte Calzone
Oder emotional betrachtet:
Ein mit Monsterguss überzogenes Monster mit Monsterfüllung!
Du könntest ein Aushängeschild für
völlig falsch verstandenen Feminismus sein,
aber wer will schon so ein hässliches Aushängeschild?
Emanzipation heißt eben nicht,
zur Abwechslung mal einen Mann zu verknechten
Man kann sich nicht aus der Gedankensklaverei befreien,
in dem man einen anderen darin gefangen nimmt.
Das ist nur Umsturz, aber keine Befreiung
Freiheit existiert nur in der Freiheit des Anderen
Und Liebe ist nur Liebe, wenn man einen anderen liebt
Jaja, ich weiß:
Viele Männer hätten gerne mal mit dir, haben aber nicht!
Aber viele haben auch - und hätten mal lieber nicht!
Das kann ich bestätigen ... bin selbst mal so einer gewesen
Es war nicht alles schlecht?
Die letzten zwei schönen Erinnerungen an Dich habe ich auf eine Postkarte geschrieben:
Der Moment, als du gesagt hast, dass du gehst!
Und der Moment, als du tatsächlich gegangen bist!
Die Wochen dazwischen hab ich schnell vergessen
Die Postkarte hab ich einem Frauenmörder in den Knast geschickt
Mit deiner Nachsendeadresse als Absender
Wie gut, dass du nicht mehr da bist
Frag das arglose, wehrlose, freundliche und mit jeder Faser seines Seins niedliche Wesen, das du hier zurückgelassen hast:
der kleine Kater!
Seit Du gegangen bist, kackt er nicht mehr aufs Parkett ...
Sagt Dir das was?
Wie gut, dass Du nicht mehr da bist
Da muss ich nicht mehr hören, wie der Mond untergeht
Mit diesem Gabel-auf-Porzellan-quietschendem Geräusch
Denn das macht er nur in deiner Nähe
Sonst nie!
Und, nein, es stimmt nicht, dass ich nie Vater werden wollte,
Ich wollte nur nicht, dass du Mutter wirst!
Der Text "Abschied am Morgen" war mein erster Text beim Hessenslam-Finale im Darmstädter Staatstheater und brachte mich mit 44,3 Punkte in das Stechen der besten vier. Die 6 minütige Satire über
Rassismus basiert auf einer wahren Begebenheit und ist auch in "Hessenslam - Das Buch" veröffentlicht worden.
ABSCHIED AM MORGEN
Mein Gott, hab ich Kopfschmerzen
– Ach, nee, ich bin ja ein Mann;
Männer haben keine Kopfschmerzen
Männer haben Gedankenweh
Der König der Verlierer
Ich war ein Martin Loser King
Ich hatte nicht nur einen Traum
Ich hatte Träume
Schwarz und weiß vereint zu einer Tastatur
Dazwischen versteckt: Moll und Dur
Vereinzelt seltsame Zwischentöne ... in Gelb
Und Gelb ist auch nur dasselbe in Grün
Raca Cosma - Komm wir mischen die Farben ein bisschen
Wir mischen, wir mischen, okay?
Und der flotte Dreier mit der Chinesin
war ja noch nicht mal meine Idee
Meine bunte Geliebte hat das vorgeschlagen
- Ich sagte immer bunt, weil schwarz darf man nicht sagen -
Ich wurde ja nur dazu gebeten
Zu all dem Fummeln und Streicheln und Kneten
Ihr wart längst mittendrin!
Zwei Heten im Freizeitlesbenversuch
Ja, natürlich hat mir das auch Spaß gemacht
Es ist aber auch Stress so die ganze Nacht
Zwischen Reich der Mitte und dritter Welt
So zu vermitteln, dass es beiden gefällt
Ich sag ja, ich hatte Träume
Aber der hier gehört nicht mehr dazu
Am nächsten Morgen
– Die Post-Koitus-Euphorie war verflogen –
tat meine Freundin ungelogen
so, als hätte ich sie betrogen
Ich war so baff, ich hab mich nicht mal verteidigt
Und dann hat sie mich rassistisch beleidigt!
Und nein, ich möchte das hier nicht wiederholen, verflucht:
Wut ist kein kluges Wörterbuch ...
Ich möchte nicht wegen der Farbe meiner Haut beurteilt werden
Vielleicht wegen ihrer Wärme und Weichheit,
aber doch nicht wegen ihrer Bleichheit
Und außerdem: ich bin doch für Gleichheit
Ich hab mit Apartheid nix am Hut
Und der ganze Kolonialistenscheiß
Und das Rassenlehrenazigeschmeiß
– lass mich in Ruh!
Ich bin ein weißer Mann in einer bunten Welt
Die wird durch Deine Farbe gefälliger
Durch mich wird sie halt etwas pastelliger
Was kann ich dafür?
Man kann sich vielleicht aussuchen, wo man stirbt
Aber nicht, wo und wie man geboren wird
Aber dass Du mir dann sowas aufs Brot schmierst ...
– Nein, ich werd’s nicht wiederholen!
Weistu, wenn Du einen Eisbär rasierst,
sieht man: er hat eine braune Haut!
Das hat die Natur so gebaut:
Man ist im Schnee so besser getarnt
Also, sei gewarnt:
Wenn Du Dir hier wie meinesgleichen
zehntausend Jahre den Arsch abfrierst,
wirst Du auch erbleichen.
Und was hat das zu bedeuten? Nichts!
Es geht nur darum, wie gut Du Kälte erträgst –
Und wie viel Wärme Du gibst!
Ich hatte doch Träume ... für Dich!
Ich wollte für Dich kluge Bücher schreiben
Gegen Gedankensklaverei!
– Ich wär jetzt soweit ... –
Und jetzt willst Du mich am liebsten begraben
Unter Scheißestürmen und Schimpftiraden
Weil Du plötzlich der Meinung bist
Ich sei auch nur ein verkappter Rassist
Weil ich überhaupt mit Dir ..., einer bunten Frau ...
Und außerdem, ich wisse ja nicht genau, wie man sich fühlt
Als Fremde in einem fremden Land
Missverstanden und verkannt
Wegen deiner Herkunft gedisst
Ja, da fühlt man sich wohl schnell mal angepisst!
Aber Liebe ist größer als Sex und Glaube
Als Politik und die Farbe der Haut
Ich schwör’s Dir, wenn ich könnte
– kannste mir glauben –
Ich würde mich hier vor deinen Augen
In einen schwulen schwarzen Juden verwandeln
Und mit einer ostdeutschen Nazibraut anbandeln
Nur um Dir hier und jetzt zu beweisen
Es geht mir nicht um den schwarz’ oder weißen Teint!
Ja, wahrscheinlich würden mich die Faschos erschlagen
Mit dem alten Haudrauf den Schädel spalten
Und dann werden sie verwundert sagen:
Schau, innen im Kopf sind wir alle grau!
Da hätten sie Recht, ... und wären trotzdem nicht schlau
Denn es geht nun mal nicht um den Farbton im Gewebe
Es geht ausschließlich darum, welches Leben ich lebe
Dass ich den Mensch als Menschen sehe
Und nicht als Träger seiner Epidermis ...
– Der Nachbar schreit, weil bei uns so ein Lärm is’ –
Und sogar der wird von mir respektiert,
solange er sich in den Ruf integriert:
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!
Kein Wort von Bleichheit oder Farbigkeit!
Ja ja, ich weiß: Tausend Jahre Leid
Hab ich leider nicht erlebt; Tut mir Leid!
Ich hatte nur Träume
Träume von dir und mir
Mama Afrika und Papa Europa
In nichts als Liebe vereint ...
– Nein, das war ein Witz
Papa Europa war nicht ernst gemeint
Ich bilde mir gar nichts darauf ein
– wie du sagst – typisch deutsch zu sein
Sowas wie den Deutschen hat es nie gegeben
Wir sind bloß ein Mischvolk aus Hunnen und Schweden
Germanen Franken Kelten Goten
Und – was weiß ich – noch andren toten Idioten
Händlerhorden und Kriegerscharen
Die hier nur auf der Durchreise waren
Wilde Völker und Barbarei
Doch: ja! Es waren auch Nazis dabei
Nur ich hab davon keinen einen gekannt
Aber merk dir das endlich mal:
Hitler war Immigrant!
Ein sehr schlechtes Beispiel von Integration
– Der musste ja Vegetarier werden, um selbst eine Art Arier zu sein –
Und ich? Ich seh’ uns noch nicht mal als Nation
Für mich ist Deutschland nur eine Idee
Nichts als Kunst und Gedankenweh
Entstanden aus dem Dunst der Romantik
Gebaut aus Sturm und Drang und Musik
Goethe, Heine, Schopenhauer
Beethoven und Gassenhauer
Kant, Adorno, Beckenbauer
Mit Aufklärung und Tucholsky im Herzen
Aus guten Gedanken und schlechten Scherzen
Und – was mich angeht – mit Kopfschmerzen ...
Vor allem wenn man in der Nacht dran denkt!
Geschenkt ... Letztlich ist das alles auch
nur Schall und Rauch
Ein Wimpernschlag in der Geschichte
Eben erdacht und bald wieder vernichtet
Betrachte es halt mal in diesem Licht
– Faszination Demoskopie –
Ich bin ein Eisbär!
Ich gehöre einer aussterbenden Rasse an.
Reicht Dir das nicht?
Ach, jetzt hör doch endlich mal auf mit dem Scheiß!
Ja, verdammt, Sperma ist weiß!
Denn Sperma ist ein Grottenolm
und lebt in einem dunklen Stoll’n.
Im Dunkeln braucht es kein Pigment
Ja, hallo, ... Scheißargument!
Und tut nichts zur Sache
Verzeih, dass ich lache
Aber das waren Deine Worte!
Den Scheiß hast Du gebaut!
Nein, ich werde nicht wiederholen
Was Du gesagt hast
Denn das ging unter meine Haut!
Und hier nun der Text "Sechs Minuten Ewigkeit", der mir den Vizemeistertitel beim Hessenslam eingebracht hat, allerdings in der englischen Fassung. Die deutsche könnt Ihr ja schon im Video anschauen ;-)
Six Minutes of Eternity (Tempus fugit)
So come on now, we got to get this started
Time is running and we have only six minutes
Not only me, it’s all of us
Just six minutes to get to know each other
Six minutes to detect the beauty in each other
Six minutes to pretend that we would understand what’s it all about
Six minutes to pick any aspect of life
Paint it in beautiful colours
Express it in words of gold
To extract something witty or maybe funny from it
Not but to recognize that it lacks context, subtext and complexity
To proof itself worth the effort
How could you do that in six minutes only?
Take a 12 minutes text and perform it in double speed?
Already at the thought I get knots in my tongue and bleeding ears
Six minutes, that’s 120 times three seconds
The maximum span of our perception of reality
Protention, moment, retention
Or said less scientific:
Super smart ass presentiment!
Zak! Instant experience!
Ultra short time memory!
All melted together to one impression
That is our present existence
That’s all we can catch before the forgetting starts
The delete
To clear the disk drive for the next moment
Caught in despair like Dr. Faust
When, to the moment then, I say:
Ah, stay a while, you horny prick!
Yes, come on, quick; take a snapshot!
The frozen moment, with a frozen smile
Cramping – because we want to keep time from running
– with our smart phones!
Look, here, that’s me - five seconds ago!
What is not shown on a selfie has never happened!
And then everybody does it – but where to store all the pictures?
Ok, upload the shit to Facebook, Twitter, Instagram
300 Million snapshots a day
And when you want to recover it you’ll have to admit
The fucking internet is not better then your fucking memory
You try to remember an important thought and all you get is funny cat videos
And that all removed from my lifetime-budget
Tempus fugit! How my old Latin teacher used to say
Tempura Fugo! How my Sushi-cook says
Globefish, deep fried, unluckily you oversaw a piece of bile
That leaves you with a two minute warning till your brain melts
That makes the three seconds of reality perception become a pain in the ass
Until your central nerve system forgets how breathing worked
But I’m just wasting your time with stupid details
Globefish recepies!
If you’re into stupid details you should write novels
But not slam poetry
For poetry is about compression
Squeezing the boredom out of life
To distil the sense of it
The water of life, the aqua vitae – or the two-finger booze as you may call it!
Catching the big meaning in few words only
Real big poetry, dadaistic,
switching from one language to the next by homophone syllabies
Schlag Dein Herz auf Bet;/
on peut le sentir i;-
sea of emotions to dive in;/
tu no quieres perder tu a;-
mor/e hurting than we can bear;/
ge versetzen Gefüh;-
le/s sentiments ne vont pas mou;
/rir/e bajazzo si ti pia;-
ce/llos come humming from hea;
/wenn Du an mich denkst ...
And then it’s all so compact and compressed and abstracted
That you have to read the shit about fifty times to understand
what’s it all about
That’s what I won’t call the economy of time
If I want to save time, I better write Haiku
Five – seven – five syllables
These kamikazis really knew how to save time
I can quote a Haiku for you to show how to really blow it
A relationship Haiku with the title:
Darling, do you think my ass is to fat?
Oh No no no no!
No no no and always no
No no no yes no!
And that’s just the start of a discussion that’ll last for hours
But we have only three minutes left
On the other side: why become a slammer?
Once to have six minutes to talk to women – without being cut off – super!
And there they sit: beautiful, self-conscious, culture addicted, humorous
And that’s her most important characteristic
For you can’t stand life with men without a sense of humour
No way, not for six minutes
Not even in his good six minutes
Except it’s real love for real
but not love as a deal
In my home town there’s in no fine line between the financial and the red light district
– for they are same same and not diffferent
You hand out your money and then you be fucked
And tick tack tick tack tick tack, time runs fast
Enter the shop, take a choice, pay for it, drop your pants, and – bam – premature ejaculation
Here we go again: six minutes wasted for three seconds of hurrah! it works
And then again tick tack tick tack tick tack
Nearly four minutes gone
Like a boxer in a fixed match
- me: without head protector, you: without earplugs -
Now let me have some slams from the other poets
Then I can finally let go
I let myself go down – after four:thirty
That’s the agreement with the slam master mafia
They bet my travel dues fifty to one on me to blow it
But that’s life
That’s the only way to really comprehend it
You’ve got to lick the Mousse-au-Chocolat from the barbed wire
Otherwise you can’t tell anything from my life
And that would be fun for you for my life is based on a true story
But sorry, we ain’t got the time for that
It’s only a minute left
And it’s running down like the countdown on a bomb
But you don’t have to be afraid if the hero is near by
- and yes, I am here! -
And if so the counter never skips to zero
It always stops with the last second
So you got to ask yourself:
If life is like this, if it is truly like this
Why are we always afraid of the last second?
Maybe because we think nothing can be done in a second?
But I have to contradict to that
You can do a lot of things in just a second
You can say Yes! to human rights and democracy – takes a second
You can say No! to war and hate
Or to the question “Do you think my ass is too fat?” – takes a second
You may even fall in love with a total stranger, for no reason
I promise, I tried it – it just takes a second!
Okay, sometimes it takes years before the insight carries out to the other
But the falling in love part – that just takes a second
And then – bam – that’s like the bomb explodes right in your heart
Suddenly time stands still
It’s only a second, but it is like eternity
20, 30 or maybe even 40 years of hope prayer worry doubt rehearsal and premature ejaculation
finally fulfil in total happiness in that very second
A heat wave that blows away the long Siberian winter of loneliness
Suddenly all your life melts together to one impression of love
All of a sudden it all makes sense!
And that doesn’t take six minutes
By the way: how much time have I left?
18 seconds? 12? Or 5?
That’s enough to fall in love five times
With you … and you … and that guy over there … and
Truly, you should all join in
Come on, take a look around, fall in love with someone
Do something intelligent with the time given
Before the big dark master comes to pick you
Death from Venice:
My name is Tudulino and I have come to pull your plug!
To do what?
Tudulino!
Ein Architekturkritiker schreibt aus
Nach dem Wegfall des zentralen Vergnügungsviertels und der Änderung des privaten Personennahverkehrs kam es zu einer erheblichen Verschärfung der Situation für Mitfahrgelegenheiten und einer unerwünschten Verkürzung der Kiss-and-Fly-Zone.
Ziel der neuerlichen Ausschreibung war, ein neues Verkehrsterminal zu schaffen, das genug Kapazität und Flexibilität bietet und auch von seiner Gestaltung her einem hohen repräsentativen Anspruch gerecht wird.
Die neue Frau soll zugleich Grenze und Übergang im sozialen Raum einer Junggesellenwohnung darstellen und in einen klaren Bezug zu Bett, Küche und dessen bisherigen Alleinbewohner herstellen.
Die gegliederte Konzeptidee des ursprünglich Weiblichen verschmilzt die vier großen Nutzungsbereiche – Reden, Sprechen, Unterhalten und Telefonieren - zu einem einzigen, großartigen Erlebnis des Dahingequasselten.
Im Kopfbau sind darüberhinaus weitere Nebenfunktionen wie Klatsch-Archiv, Arztroman-Bibliothek und soziale Medien untergebracht, die auf die gleichwertige und ausgewogene Gewichtung von verschiedenen Aspekten und Zielsetzungen der Neuansiedlung anspielen, die sich teilweise bipolar entgegen stehen:
Rückzugsinsel und Begegnungsstätte,
Wissensaufnahme und Unwissensanwendung sowie
Verstehen und Nicht-Verstehen
Die im darunter liegenden Baukörper angedeutete Form einer Sanduhr sowie die zwei bis zu den Stöckelsockeln langgestreckten Säulen des Tragwerks sollen dem Bewohner ganz im Sinne einer in Architektur gegossenen Transkription der klassischen Leitsätze „Die Zeit läuft“ und "Laufende Kosten" versinnbildlichen; eine fast philosophische Erinnerung daran, dass es sich bei der Eingliederung des neuen Wahrzeichens vielleicht nur um eine temporäre, auf jeden Fall aber um eine aufwändige Installation handeln könne.
Diese fast fragile Positionierung des Körpers im umgebenden Raum ermöglicht zwar die uneingeschränkte allseitige Öffnung bei gleichzeitigem Verscheren bedeutender Blickachsen, das grundlegende Konzept des Weiblichen ist aber zur männlichen Seite hin nicht sofort ablesbar. Lediglich einzelne, modisch entlang der Topografie herausgearbeitete Ausstellungsbereiche wie zwei zwischen die vorhandenen Träger gespannten Kuppeln gewähren Einblick in die verborgenen Zonen, deren zirkuläre Erschließung jeden Annährungsversuch in unterhaltsame Abschnitte gliedert.
In Ankündigung der inneren Werte verweist schon diese Fassade auf den sorgfältigen Umgang mit Licht und Materialität und ihr zeitweiliger Verzicht auf Dekor und Ornament schafft Raum für Regeneration und Kontemplation. Das gemeinsame Baden wird als Ritual verstanden, das durch persönliches Kontinuum, romantische Lichtführung und ineinander gleitenden Körperteile unterstützt, den persönlichen Bedürfnissen des Bewohners gerecht wird.
Trotz der lockeren Beziehungsstrukturen muss der monolithische Charakter der Frau erhalten bleiben, um ihre Präsenz vor Ort zu stärken und den nötigen Eingriff in das vorhandene Mannsbild zu vervollständigen. Folglich entsteht ein interessanter Bezugspunkt, der sich in ständiger Bewegung befindet und dessen Nutzung mit den Gezeiten des zwischengeschlechtlichen Klimas spielt.
Mal die Kühle einer Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation auffangend,
mal die Hitze einer erregten Sommernacht aufgreifend, erhebt sich die Frau als neues Wahrzeichen über die bisher positionsvariantenreiche Sitzlandschaft des früheren Spielzimmers.
Das diese frühere Nutzung in ihr Gegenteil wandelnde Gestaltungskonzept sieht einen präzise gesetzten Baukörper als Bestandteil des dualen Ensembles vor - ein Wechselverhältnis des ehemals solitären Bestandbaus mit dem neu formulierten Hochpunkt:
Wie eine Kathedrale, nur nicht aus Stein gebaut, möbliert sie nicht nur den umliegenden Platz neu, sondern eröffnet dem interessierten Beobachter Raum für Anbetung und Opferbereitschaft, was den bisherigen Nutzungen des Wohnraums in einem kulturellen Gender-Dialog als Konterkaro entgegenstrebt.
Aber Hauptsache der Sex wär’ gut!